Ralf Kluschatzka-Valera (2023). Hypnosystemisches Case Management in der Sozialen Arbeit. Unterstützungssituationen gestalten. Heidelberg: Carl-Auer, 219 S.
Als ich in einem der Teams unserer Jugendhilfeeinrichtung darüber berichtete, dass ich gerade ein Buch über hypnosystemisches Case Management in der Sozialen Arbeit lese, da erntete ich von den systemisch ausgebildeten Kolleg*innen einen fragenden Blick: Geht das zusammen? Oder: Wie geht das zusammen? Am Ende der Lektüre kann ich nur antworten: das geht wunderbar zusammen. So bietet Ralf Kluschatzka-Valera zum einen einen Rahmen für ein gelungenes Case Management und reichert diesen immer wieder durch kreative Methoden und Ideen für die unterschiedlichen Arbeitsbereiche der Sozialen Arbeit an. Darüber hinaus finden sich in dem Buch viele Fallbeispiele, in denen die jeweiligen Aspekte und Konzepte noch einmal veranschaulicht und auf den Punkt gebracht werden. Mit Blick auf die Kapitelstruktur beschäftigt sich Kapitel 1 mit der Gestaltung von Unterstützungssituationen, mit ihren Merkmalen, mit den unterschiedlichen Phasen eines hypnosystemischen Gesprächs, mit den verschiedenen Schritten des Case Managements und mit dem daraus entstehenden Raum der Gesprächsführung. Das zweite Kapitel widmet sich dem triadischen Raum, der entsteht, wenn zusätzlich zu Berater*innen und Klient*innen noch eine dritte Instanz Einfluss auf das Geschehen im Beratungsraum nimmt. In Anlehnung an den Ansatz zur themenzentrierten Interaktion werden die drei Instanzen nach ICH (Berater*in), ES (Auftrag) und DU (Klient*innenfeld) unterschieden und durch den Kontext als vierte relevante Größe ergänzt. Im weiteren Verlauf gibt der Autor für jeden der vier Aspekte hilfreiche Anregungen für die Gestaltung von zieldienlichen Unterstützungssituationen. Wie kläre ich meine eigene Rolle? Wie gestalte ich den Auftrag? Wie begegne ich dem Klient*innenfeld? Wie beziehe ich den Kontext mit ein? Für jede dieser Fragen finden die Leser*innen eine Fülle von theoretischen Anregungen, Methoden und beispielhaften systemischen Fragen. Kleine Exkurse beschäftigen sich dabei immer wieder mit anregenden Unterscheidungen, beispielsweise mit „Beziehungsfallen“ in der Auftragsgestaltung oder mit verschiedenen Rollenmustern und -zuschreibungen für Klient*innen.
Kapitel 3 befasst sich mit einer gesicherten Berater*innenposition: Was kann darunter verstanden werden? Welcher Zielzustand lässt sich damit beschreiben? Welche Haltung ist damit gemeint? Dabei geht es um Flow, um die Haltung „Ich bin o. k. – du bist o. k.!“, um mögliche Dramadynamiken, um Präsenz aus der Sicht der „Neuen Autorität“ und abschließend um hilfreiche Glaubenssätze bekannter Autor*innen. Im vierten Kapitel werden Grundlagen, Kennzeichen und methodische Bausteine von systemisch und hypnosystemisch geprägten Beratungssituationen dargestellt („Beratung zweiter Ordnung“). Hier geht der Autor u. a. auf viele Aspekte ein, die sich aus einem konstruktivistischen Verständnis von Beratungssituationen ergeben. Als wesentliche Themen und Leitunterscheidungen lassen sich hier u. a. Unterschiede zwischen Mitleid und Mitgefühl, Problemsprache vs. Lösungssprache, Arbeit an vs. mit Phänomenen, Balance zwischen Meta- und Mettaebene, Sowohl-als-auch-Haltung, Ökologie und Passung von Lösungen, Selbstwirksamkeit und Selbstwert, Selbstreflexion und Introspektion erkennen. Das fünfte Kapitel beschäftigt sich mit der Utilisation, d. h. mit der Nutzbarmachung der gesamten Kommunikation für den Hilfe- und Beratungsprozess im Sinne des Konzeptes von Milton Erickson. Hier werden sowohl Kennzeichen von Utilisation beschrieben als auch Möglichkeiten zur Umsetzung. Kapitel 6 geht auf ein systemisches Verständnis von „Widerstand“ ein und enthält methodische Anregungen zum Umgang mit Situationen, in denen Ambivalenzen, Widersprüchlichkeiten oder Dilemmata im Beratungsprozess spürbar und thematisierbar werden. Im siebten Kapitel werden noch einmal Werkzeuge und Instrumente zum Gestalten von Unterstützungssituationen dargestellt. Bei den vorgestellten Methoden und Konzepten geht es sowohl um die Erhebung, Differenzierung, Ordnung und Erforschung von Problemen als auch um die Aktivierung von Ressourcen und um beispielhafte systemische Fragen für unterschiedliche Aspekte des Beratungsprozesses.
Insgesamt enthält das Buch von Ralf Kluschatzka-Valera eine Fülle von systemischen Methoden und systemischen Fragen, die sich in den unterschiedlichen Kontexten in der Sozialen Arbeit sehr gut einsetzen lassen. Mir persönlich gefallen darüber hinaus die vielen konzeptuellen Anregungen sehr gut, die eine hilfreiche Orientierung für die Unterscheidbarkeit von Phasen im Beratungsgeschehen bieten.
Andreas Klink (Essen)