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Rezensionen

An dieser Stelle werden ausgewählte Rezensionen aus der systhema veröffentlicht. Neue Rezensent*innen sind herzlich willkommen. Die aktuelle Liste mit zur Rezension eingereichten Büchern kann über die Redaktion angefordert werden:

Andreas Klink · E-Mail: andreas.klink@if-weinheim.de


Ariane Bentner, Jan P. Jung (2022). Resilient durch Krisen. Wie Führungskräfte und Teams schwierige Zeiten bewältigen. Heidelberg: Carl-Auer, 199 S.
Resilienz scheint mir eines jener Konzepte zu sein, die in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen haben und fast schon inflationär Verwendung finden. So finden sich Publikationen zur Resilienz in Bezug auf den Klimawandel, Krankenkassen zitieren die 10 Wege zur Resilienz der American Psychological Association, man spricht von resilienten Finanzmärkten oder Volkswirtschaften, erkundet Faktoren für resiliente Städte oder resiliente Gesellschaften. Allen Betrachtungen gemein ist ein festgestellter Zusammenhang zwischen krisenhaften Entwicklungen und Verhaltensweisen oder Strukturen, die dazu beitragen, diese Krisen zu bewältigen und sie zudem noch als Anlass für Entwicklung zu nutzen.

Ralf Kluschatzka-Valera (2023). Hypnosystemisches Case Management in der Sozialen Arbeit. Unterstützungssituationen gestalten. Heidelberg: Carl-Auer, 219 S..
Als ich in einem der Teams unserer Jugendhilfeeinrichtung darüber berichtete, dass ich gerade ein Buch über hypnosystemisches Case Management in der Sozialen Arbeit lese, da erntete ich von den systemisch ausgebildeten Kolleg*innen einen fragenden Blick: Geht das zusammen? Oder: Wie geht das zusammen? Am Ende der Lektüre kann ich nur antworten: das geht wunderbar zusammen.

Jochen Schweitzer (2022). Ich hätte da noch eine Idee … Persönliche Geschichten aus 45 Jahren Systemischer Therapie und Beratung. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 242 S.
Inzwischen ist es ein Jahr her, dass Jochen Schweitzer mit 68 Jahren viel zu früh verstorben ist. In diesem Buch hat er – wie im Titel beschrieben – seine persönlichen Geschichten aus 45 Jahren intensiver systemischer Forschung und Praxis zusammengetragen und uns damiteinen wunderbaren Schatz voller Anregungen und Ideen hinterlassen. Die Abfolge der Kapitel ist chronologisch und richtet sich an den einzelnen Lebensabschnitten des Autors aus.

Ilja Gold, Eva Weinberg, Dirk Rohr (2021). Das hat ja was mit mir zu tun!?: Macht- und rassismuskritische Perspektiven für Beratung, Therapie und Supervision (Beratung, Coaching, Supervision). Heidelberg: Carl-Auer, 170 S.
Hat das was mit mir zu tun? Diese Frage stellt sich mir immer wieder bei der Lektüre des Bandes von Ilja Gold, Eva Weinberg und Dirk Rohr. Es geht um Themen wie Rassismus, Diskriminierung oder Macht, mit denen Mensch im Allgemeinen nicht allzu viel zu tun haben möchte – schon gar nicht in dem Feld Systemischer Therapie, Beratung, Coaching, Supervision. Dennoch oder gerade deshalb laden die Autor*innen insbesondere jene Berater* innen, die nicht selbst von Rassismus und Diskriminierung betroffen sind und deren Zugehörigkeit zu Deutschland nicht infrage gestellt wird, dazu ein, sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen und ihre eigene Haltung und Praxis zu reflektieren.

Frederick Meseck (2022). Systemisch agil beraten. (Leben. Lieben. Arbeiten: systemisch beraten). Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 103 Seiten.
In der Reihe „Leben. Lieben. Arbeiten: systemisch beraten“ beschäftigt sich Frederick Meseck mit systemischen Ansätzen und Überlegungen im Feld agiler Organisationsveränderungsprozesse. In einem ersten theoretischen Teil geht es zunächst um Herkunft und Begrifflichkeiten zum Thema Agilität. Hier wird beschrieben, dass es aus unterschiedlichen Richtungen (Toyota, Lockheed Martin, Manifest für agile Software) in agilen Transformationen letztlich darum geht, Organisationsprozesse so zu gestalten, dass sie Interaktionen fördern, offen für Neues bleiben, Reflexion ermöglichen, zur Gestaltung animieren und schneller sowie kundenorientierter auf Veränderungen der Marktumgebung reagieren.

Holger Lindemann, Nikola Siller, Daniel Bauer (2022). Kraft- und Symboltiere für die systemische Praxis. Anleitungsbuch mit 114 Bildkarten für die Arbeit mit tierbezogenen Analogien. Buch und Kartenset. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 298 Seiten.
Wer hat noch nie Tiere in der Beratungspraxis genutzt? Die Arbeit mir Krafttieren oder Tierskulpturen ist sicherlich vielen geläufig. Dabei dienen Verhalten und Eigenschaften von Tieren zumeist als Metaphern für Persönlichkeitsanteile, innere Anteile, Talente oder Fähigkeiten. Das Buch von Holger Lindemann und Nikola Siller veranschaulicht, wie sich Kraft- und Symboltiere auch jenseits von spirituellen oder gar esoterischen Zugängen in der systemischen Praxis auf vielfältige Art und Weise einsetzen lassen. Konsequenterweise ist den Autor*innen bereits im ersten Kapitel der Hinweis wichtig, dass es auch in der Arbeit mit Kraft- und Symboltieren letztlich auf eine systemische Haltung ankommt.

Mechtild Erpenbeck (2022). Mitschwingen und Dazwischengehen. Systemisch-gruppendynamische Prozesskompetenz in Beratung und Training. Heidelberg: Carl-Auer, 184 Seiten
Im Titel und Untertitel des Buches von Mechtild Erpenbeck wird schon jener Raum geöffnet, in dem sich die Autorin dann über insgesamt 13 Kapitel bewegt. Es geht um jenen Tanz um Macht und Vertrauen, der in systemischen Beratungs- oder Supervisionsprozessen mit Gruppen so häufig spürbar ist und der sich auf der Ebene von Interventionen zwischen den Polen Dazwischengehen und Mitschwingen bewegt. Dabei beschäftigen sich die ersten Kapitel zunächst mit den Phänomen Gruppe und mit hilfreichen Kompetenzen von Beratenden. Die Arbeit mit Gruppen wird nachvollziehbar als kollektiver Tanz beschrieben, der sich jeweils aus einer einzigartigen und nicht vorhersehbaren Choreografie genau im jeweiligen Moment ergibt. Und Beratende sind Teil dieser Choreografie und dürfen es sich erlauben, auf im Voraus geplante detaillierte Regieanweisungen zu verzichten. Vielmehr sollten sie dafür bereit sein, im jeweiligen Moment Hypothesen zu entwickeln und der Gruppe zur Verfügung zu stellen.

Arist von Schlippe (2022). Das Karussell der Empörung. Konflikteskalation verstehen und begrenzen. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 246 Seiten
Bereits Einband und Aufmachung des Buches versprechen Ästhetik, Leichtigkeit und eine anregend bunte Vielfalt. Und genau dieses Versprechen löst der Inhalt der insgesamt 21 plus 1 Kapitel dann auch ein. Viel mehr noch: dort, wo der Autor die Metapher des Karussells nutzt, um ein sich immer schneller drehendes Eskalationsgeschehen zu beschreiben, lässt sich diese Metapher ebenso für die Lektüre des Buches verwenden. Denn sie führte mich zurück in die Zeit der kindlichen Freude erster Runden auf dem Karussell, zu den aus der Sicht des Kindes vielfältigen Abenteuern im Cabrio, im knallroten Feuerwehrwagen, im Hubschrauber, im Polizeiauto oder auf dem Pferd – immer mit der Gewissheit, dass es in die gleiche Richtung geht und in jeder Runde außerhalb des Karussells die vertrauten Gesichter zu sehen sind. Alles dreht sich um eskalierende Konflikte, um ihre theoretischen Hintergründe (Teil 1), um jene Vorgänge, durch die wir in die Eskalation hineingeraten (Teil 2), um Ansatzpunkte zu ihrer Begrenzung (Teil 3) und um Empfehlungen für den Umgang mit ihnen (Teil 4).

Stefan Schmid (2021). Beratungskompetenz für eine globalisierte Gesellschaft. Kultur, Globalisierung, Migration. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 108 Seiten
Wie viele Bücher aus der Reihe „Beraten in der Arbeitswelt“ richtet sich auch der Band von Stefan Schmid an erfahrene Berater:innen und Einsteiger:innen, die neben praktischen Anregungen auch an Konzepten und Theorien interessiert sind. Ausgangspunkt und Arbeitsfeld dieses Bandes sind Beratungsanlässe „zwischen den Kulturen“, die in Zeiten weiterhin zunehmender Globalisierung insbesondere im (groß)städtischen Raum recht häufig vorkommen. Dabei kann Interkulturalität im Beratungskontext auf mindestens zwei Arten bedeutsam werden: zum einen als Thema und Anlass beispielsweise in der klassischen Migrationsberatung und zum anderen im Sinne von Sozialisationsunterschieden zwischen Klient:innen und Berater:innen. Kulturelle Unterschiede in Beratungskontexten nicht zu berücksichtigen, lässt sich als „ethnozentrische Minimierung“ dieser Unterschiede verstehen. Und geschieht doch häufig, denn im Beratungssystem treffen nicht selten Menschen aufeinander, deren Selbstwahrnehmung einerseits von Offenheit und Vorurteilsfreiheit geprägt ist und andererseits durch Erfahrungen mit Diskriminierung und Andersartigkeit. Umso wichtiger erscheint es, die eigene Kultursensitivität in der Beratung zu reflektieren.

Martin A. Fellacher (2021). Digitale Medien und Neue Autorität: Kinder und Jugendliche in virtuellen Welten begleiten (Leben. Lieben. Arbeiten: systemisch beraten). Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 78 Seiten
In der Reihe „Leben. Lieben. Arbeiten: systemisch beraten“ beschäftigt sich Martin Fellacher damit, wie Kinder und Jugendliche in virtuellen Welten von Erwachsenen begleitet und unterstützt werden können. Dabei werden Begleitung und Unterstützung in diesem Feld allein deshalb schon zu einer Gratwanderung, weil insbesondere Jugendliche zumeist viel erfahrener im Umgang mit digitalen Medien sind als ihre erwachsenen Bezugspersonen. Wie also können und sollen Erwachsene hier unterstützend und hilfreich sein? Hier erweist sich das Konzept der Neuen Autorität als so etwas wie ein Königsweg, denn der Autor zeigt auf, wie sich vor allem auf der Grundlage eines Ansatzes zur „Wachsamen Sorge“ Handlungsoptionen im Umgang mit neuen Medien ergeben können.

Hans Lieb (2021). Werkzeug Sprache in Therapie, Beratung und Supervision: Das Arbeitsbuch. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 112 Seiten.
Hans Lieb hat bereits 2020 ein Grundlagenbuch zur Sprache als Werkzeug in Therapie, Beratung und Supervision veröffentlicht, das zu einer anregenden Reise durch eine Welt praxisorientierter Sprachphilosophie und Linguistik einlädt. Seinerzeit hat mich nicht zuletzt beeindruckt, wie er die Leser:innen immer wieder dazu motiviert, sich auf seine besonderen Ideen zur Sprache als Werkzeug in Therapie, Beratung und Supervision einzulassen und daraus eigene Gedanken, Ideen und Konzepte zu entwickeln. Nun also das Arbeitsbuch zum Grundlagenbuch.

Kirsten Lamschus, Gabriele Müller, Carolyn J. Schröder, Christiane Seidel, Claudia Seidel (2021). Horizont-Express: Interaktive systemische Fallarbeit Zug um Zug. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. Ein Spiel.
In dieser Rezension geht es nicht um ein Buch, sondern um ein Spiel, das für systemisch angelegte Fallbesprechungen eingesetzt werden kann. Der Horizont-Express beinhaltet einen Spielplan („Reiseplan“), ein Reisehandbuch, 6 Reiseführer als Kurzanleitungen, einen Block mit Reisetagebüchern, 18 Reisestationenkarten, eine Spielfigur und eine Sanduhr.